2005 - 15. INTERNATIONAL TEXTIL KUNSTAUSSTELLUNG IN COMO

Filophilo
 
Katalog

Miniartextil Como

Fünfzehn Jahre Miniartextil -Jahre eines unermüdlichen Einsatzes für Textilkunst der Gegenwart erfordern einen unerschütterlichen Glauben an dieses Metier als Teil der zeitgenössischen Kunst. Für die Initiatoren der internationalen Textilkunstausstellungen in Corno, Mimmo Totaro und Nazzarena Bortolaso von ARTE&ARTE, ist das Interesse am Faden als Bestandteil eines Gewebes längst zur Passion geworden. Das Gewebe wurde zum Synonym für verflochtene Fasern, ftir das Verweben heterogener Elemente mit dem Ziel, neue konstruktive Verbindungen und Beziehungen herzustellen. Gemäß den Ausführungen des Kurators der Miniartextil, Prof. Luciano Caramel, ließen sich ARTE&ARTE vom großen Vorbild der Lausanner Biennalen inspirieren: Man wollte mit der Gründung der Miniartextil eine Veranstaltung in einer textilproduzierenden Region schaffen, die das kulturelle Erbe textiler Kunst aus der jüngsten Vergangenheit pflegt und gleichzeitig moderne Tendenzen aufspürt. Mit der Präsentation von älteren Werken und junger Kunst, klein-und großformatigerWerke bis hin zu Installationen und Performance-Darbietungen in einer gemeinsamen Ausstellung ging man hier bewusst einen anderen Weg als Veranstalter anderer Textilkunstausstellungen im europäischen Raum.

,Filophilo' -das Thema der 15. Ausstellung -eine Metapher für “denjenigen, der den Faden liebt" -wurde als Zusammenschau textilkünstlerischen Schaffens aus drei Jahrzehnten konzipiert. Wie in den Vorjahren präsentierten die Veranstalter neben der international ausgeschriebenen Miniartextil eine beachtliche Zahl großformatiger Werke und Installationen von speziell eingeladenen Künstlern. Dazu gehörten auch Werke der erst 29 Jahre alten Marya Kazoun, die dieses Jahr auf der Biennale in Venedig vertreten war. Beider Eröffnung der Miniartextil zog die Künstlerin libanesisch-kanadischer Abstammung mit einer Performance durch die Innenstadt von Corno, bevor sie selbst inmitten ihrer Installation in der Galerie Roberta Lietti als Handlungsträger Teil ihres Werkes wurde. In der ehmaligen Abteikirche San Francesco boten neun Werke aus der Sammlung der Toms Pauli-Stiftung von Lausanne dem Betrachter die Möglichkeit, Meisterwerke aus der Vergangenheit kennen zu lernen und in Beziehung zu neuen Werken zu setzen.

Die private Sammlung Bortolaso-Totaro mit Werken von Miniartextilausstellungen aus den Jahren 1991bis 2002 -inszeniert wie eine Art Brücke über den kleinen Teich vor Mantero's Konzeptstore ,La Tessitura' -fügte sich mit erstaunlichen optischen Spiegelungen in die Architektur des Verkaufskomplexes ein. Die Privatsammlung vervollständigte die fünfzehnjährige Ausstellungsbilanz und verdeutlichte, zusammen mit den 56 von der Jury ausgewählten Werken der Miniartextil 2005, die Entwicklung des Kleinformats in seinen vielfältigen Ausprägungen. Auch dieses Jahr wurden wieder zwei Preisträger für meisterhafte innovative und poetische Umsetzung des Themas im Kleinformat ermittelt: Die Japanerin Yoko Kataoka erhielt den von Moritz Mantero ausgelobten Preis für ihre Interpretation des Seidenfaseraufbaus. Mit ihrem Werk “Circle B-M" schuf Kataoka ein zartes, raumgreifendes, aber in sich geschlossenes Gefüge mit mehreren sich gegenüberstehenden und in sich verschlungenen Ebenen aus hauchdünnen, lichtdurchlässigen Fasermembranen. Der Antonio Ratti-Preis ging an die Japanerin Michico Sakuma ftir “Germination-s", die aus Baumwollfäden und Wachs zarte flügelartige Gebilde schuf, die sie in mehreren Schichten mit Wachs auf einem Papiersockel verschmolzen hatte.

Zur Präsentation der Exponate von insgesamt 117Künstlern hatten sich die Organisatoren für zehn Ausstellungsorte entschieden, die den Besucher wie mit einem roten Faden durch den gesamten Innenstadtbereich von Corno verbanden. Diese für ein Ausstellungskonzept recht ungewöhnliche Praxis erwies sich als geschickte Raumaufteilung: So wurde man der Verschiedenartigkeit der vielen Exponate gerecht, indem Verantwortliche aus der lokalen und überregionalen Verwaltung, aus Handel und Industrie durch das Bereitstellen von Ausstellungsräumen in das Projekt mit einzubinden, was für eine textilproduzierende Region im Sinne einer wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtung in konjunkturell schwierigen Zeiten besonders wichtig ist.

Bericht: Monika Engel
© Textilforum 4/2005