2007 - 3rd European Textile and Fibre Art Triennial, Riga Lettland

Global Intrigue

3rd European Textile and Fibre Art Triennial
Tradition & Innovation
Riga Lettland, 06.07 - 12.08.2007
 

Tradition & Innovation

Exhibition hall Arsenals of the Latvian National Art Museum, Riga, LettlandDie 3.EUROPÄISCHE TEXTILKUNST-TRIENNALE, "GLOBALES RÄNKESPIEL" IN LETTLAND
Jennifer Harris

Das ziemlich rätselhafte Thema "Global Intrigue" schien sowohl passend als auch zur rechten Zeit für diese dritte Triennale gewählt worden zu sein, die vom 6. Juli bis 12. August dieses Jahres im Museum für Dekorative Angewandte Kunst in Riga stattfand. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jh. blüht der Sinn für Orte, lokale Traditionen und kulturelle Zusammenhänge in der Textilkunst neben einer wachsenden globalen und transkulturellen Bewusstwerdung. In dieser starken und zunehmend international besetzten Ausstellung, der ersten in dieser Reihe, die der Auswahl ein Thema voranstellt, warfen die beeindruckendsten Arbeiten die Frage auf, was in einer globalen Gesellschaft die Nation ausmacht und was die Folgen des weltweiten Konsumismus in Bezug auf die heimischen Kulturen und Traditionen sind. Sie verwoben Konzepte und Techniken zu einem einheitlichen Ganzen.

>Die diesjährige Triennale erhielt beinahe doppelt so viele Bewerbungen wie die erste im Jahre 2001, insgesamt 250 aus 40 Ländern der Welt, woraus die fünfköpfige Jury (darunter drei Ausländer) 61 Werke von Künstlern aus 21 Ländern auswählte. Die für die Ausstellung bestimmten Arbeiten behandelten Themen wie Diaspora, Zwitterexistenz, das Aufkommen des Islam sowie die sozialen und kulturellen Folgen von Dumpinglöhnen, letzteres ein Thema, das besonders in der Textil- und Bekleidungsherstellung eine Rolle spielt. Mit dem Einsatz sehr unterschiedlicher Techniken, zum einen mittels symbolisch verwendeter Stickerei auf Hemden von Geschäftsleuten, zum anderen als abstraktes Gewebe, handeln die Arbeiten von Marit Helen Akslen/N und Janis Bankovics/LV, die den 2. bzw. 3. Preis erhielten, vom Begriff des sauberen und schmutzigen Geldes und vom globalen Geschäft der Geldwäsche. Zu anderen sehr hoch eingeschätzten Arbeiten gehörte eine kleine aber sehr ausdrucksstarke Skulptur der Schweizer Künstlerin Ursula Gerber-Senger zum Thema Migration und Flüchtlinge. Eine witzige Installation von sieben aus Leim bestehenden Schürzen von der aus Litauen stammenden und in Deutschland lebenden Almyra Weigel thematisierte auf ironische Weise den Einfluss der globalen Kommunikation sogar auf die traditionellsten Lebensweisen.

Die Arbeiten beziehen sich auch auf das der Triennale zugrunde liegende Markenzeichen, der Rolle der Tradition in der zeitgenössischen Kunst. Und das ist passend, weil die Textilkunst, wo auch immer in der Welt produziert, Tradition mit Innovation verbindet. Die Innovation bei ,Global Intrigue' zeigte sich nicht nur bei den vermehrt in Erscheinung tretenden neuen Medien, wie Digitaldruck und CAD-ge- Maximo Laura/Peru: "The Dream of a Warrior of Light at Dawn" stütztem Jacquardweben - mit aussagestarken Beispielen bei Victor de la Rosa/USA und Monika Zaltauskaite-Grasiene/LT - sondern auch in der Wiederentdeckung alter Techniken wie Patchwork und Quilten, Stricken, traditioneller Tapisserie und Stempeldruck. Die Gewinnerin des 1. Preises, die Schwedin Annika Ekdahl, bedient sich für ihre monumentalen Tapisserien des Computers als Gestaltungshilfe. Ihre Arbeiten erzählen Geschichten von heute, inspiriert durch die Erzähltraditionen der Renaissance- und Barocktapisserien, jeweils in betont enger Beziehung zwischen Computerpixel und Webtechnik. Kazuhito Maekawa ist mit einer Tour-de- Force- Batik und einem Siebdruckbild vertreten, in dem sich die traditionelle und heutige Bildgestaltung überlagern und vermischen. Der Triennale ein Thema zu geben, hatte sich ausgezahlt, weil es die Ausstellung von der Material und Technikbetonung weg brachte, die so viele Arbeiten der ersten beiden Ausstellungen charakterisierten und weil es die Künstler herausforderte, sich mit aktuellen Fragestellungen zu beschäftigen. Das rief natürlich Diskussionen hervor, in wie fern das Medium Textil dabei eine spezifische Rolle spielen kann. Dennoch hatten die Organisatoren der Triennale das Thema nicht so eng gefasst, dass Künstler mit starken individuellen Ausdrucksabsichten ausgeschlossen worden wären.
Rigas Textilkunsttriennale setzt sich immer höhere Ziele und erweitert mit jeder neuen Ausstellungsrunde ihren Horizont. Beim ersten Mal, wen wundert's, dominierten noch die Arbeiten aus den drei baltischen Ländern, Estland, Lettland und Litauen. Im Jahre 2004 hatte die Ausstellung bereits ihre europäischen Grenzen gesprengt und Beiträge aus den USA, Japan und China aufzuweisen. Die diesjährige Triennale präsentiert wieder Arbeiten aus den USA, eine starke Auswahl aus Japan und erstmals Beiträge aus Korea und Peru, aus letzterem Land einen gewebten Wandbehang von Maximo Laura von großer Intensität und basierend auf traditionellen Bildern und Symbolen der indianischen Urbevölkerung. Rund die Hälfte aller gezeigten Arbeiten kamen aus den baltischen und nordischen Ländern, die deren gestalterische Kraft unter Beweis stellten und auch deren Fähigkeit, neue kulturelle und künstlerische Impulse aufzunehmen. •
Zur Autorin
Jennifer Harris ist die Vize- Direktorin der Whitworth Art Gallery der Universität von Manchester.© TEXTILFORUM 3/2007 September

LIST OF AWARDS
First Prize – Annika Ekdahl (Sweden) and the Invitation to make  one-woman show at the Museum of Decorative Arts and Design
Second Prize – Marit Helen Akslen (Norway)
Third Prize – Jānis Bankovičs (Latvia)
Merit Prize – Ursula Gerber-Senger (Switzerland)
Merit Prize – Almyra Weigel (Bartkevičiute) (Lithuania/Germany)
Merit Prize – Victor De La Rosa (USA)
Special Prize of the Museum of Decorative Arts and Design – Maximo Laura (Peru) and the Invitation to make  one-man show at the Museum of Decorative Arts and Design
Special Prize of the Riga City Council - Kazuhito Maekawa (Japan) and the Invitation to make  one-man show at the Museum of Decorative Arts and Design
Special Prize of the Riga City Council – Silja Puranen (Finland)
Public Prize - Minnamarina Tammi (Finland)