Zürichsee-Zeitung 5. November 2011
Engel sind wohl transzendente Wesen, kaum jemand hat sie je gesehen – und doch finden sie Eingang in der Kunst. Eine Ausstellung über Engel im reformierten Kirchgemeindehaus zeigt ihre Vielfalt.
BETTINA BERNET-HUG
Kaum jemand hat Engel je einmal wirklich gesehen. Sie existieren im Glauben, in Gedanken, in der Hoffnung, in der Fantasie. Und doch faszinieren sie, finden Eingang in Gedichten und Bildern. Der österreichisch-israelische Religionsphilosoph Martin Buber hat einmal gesagt: «Einen Engel erkennt man immer erst, wenn er vorübergegangen ist.»
Es soll Menschen geben, die eigene Erfahrungen mit Engeln gemacht haben, oftmals sind dies Geschichten rund um Trauer oder Liebe. Fotos von Engeln aber gibt es nicht. Man ist hier auf die Fantasie und die schöpferische Kraft des Einzelnen angewiesen.
19 Künstler und ihre Engel
Zurzeit stellen 19 Künstlerinnen und Künstler ihre Werke im reformierten Kirchgemeindehaus in Männedorf aus. Ein Teil davon stammt aus Männedorf selbst oder aus der Umgebung. Sie alle haben auf irgendeine Art und Weise Zugang zu diesen spirituellen Wesen oder wurden davon in gewissen Lebenssituationen berührt.
Ein Haus voller Engel
So unterschiedlich die Vitae dieser Kunstschaffenden sind, so anders ist auch der Zugang zu den Engeln. Den einen geben sie Kraft und Zuversicht, für andere ist Spiritualität schlicht eine weltumfassende Realität. Die einen fasziniert die Harmonie zwischen Engeln und Natur und sie sehen ihre Transzendenz im Material, aus denen sie erschaffen werden. Den andern sind Engel eine beflügelnde Energie, ein Motor der Sehnsucht oder gehören schlicht zum Leben mit dazu; ein menschliches Gegenüber. In vielen Werken ist zu spüren, dass man in den Armen des Engels Trost finden möge.
Eine Gruppe der ökumenischen Altersbildung Männedorf, unter der Leitung von Elisabeth Grob, hat sich intensiv mit dem Thema «Engel» auseinandergesetzt, Künstler gesucht und die Ausstellung gemacht. Am Mittwochabend war Vernissage. Im Foyer des Kirchgemeindehauses, im Saal, in zwei Zimmern, im Hof und in den Gängen sind die Exponate nun bis am Mittwoch, 23. November, ausgestellt. Von übergrossen Holzskulpturen, die trotz der Masse in ihrer Schlichtheit bestechen, über massive Eisenplastiken, filigrane Bronzegeflechte, lichtdurchlässige Glasfiguren über Fotomontagen, Engel aus Schwemmholz oder Keramik, Pastellbilder, Acrylgemälde und Kohlezeichnungen zeigen die Künstler eine einzigartige Palette an Geisteswesen.Die Männedörfler Künstlerin Julia Woodfield meint dazu: «Transzendentes ist nicht auszudrücken, man kann es aber probieren.»
Die Ausstellung im reformierten Kirchgemeindehaus ist Teil eines ganzen Programms zum Thema «Engel». Der letzte Vortrag findet am Dienstag, 8. November, um 9.15 Uhr statt. Es referiert der Zürcher Theologe Gerhard Traxel im katholischen Pfarreizentrum über «Engel: wo sind sie denn heute?».